Zuviel Hygiene ist ungesund. Nun – jedenfalls weiß jeder Bauer, dass man mit Spritzmitteln zwar auch Schädlinge vernichten kann, aber eben auch die vielen Nützlinge, die einen guten und gesunden Mutterboden ausmachen. Meine Kollegin Madeleine Pilpin hat deshalb schon im November hier auf diesem Blog darauf hingewiesen, dass es im Kampf gegen Krankenhauskeime darauf ankommt „nicht alles steril zu machen“, sondern ein gesundes Mikrobiom zu schaffen.
Die zauberhafte Welt des Mikrokosmos
Das es die kleinen Dinge im Leben sind, von denen wir so wenig wissen, macht sie uns oft so unheimlich. Und unheimlich wirken sie unter dem Mikroskop. Oder würden Sie sich eine Demodex folliculorum (Bild © Fotovapl @stockadobe.com) als Haustier halten wollen?
Die kleine Milbe Nimmersatt
Die kleine Milbe – die Männchen sind etwa einen Drittel Millimeter lang, die Weibchen gerne auch etwas größer – lebt tief in Ihrer Haut und ernährt sich dort von Talg, den sie reichlich verzehrt. Dabei bevorzugt sie die Regionen in Ihrem Gesicht und an den Brüsten. So reinigt sie die Poren und hält die Haut frisch und jugendlich.
Die kleine Milbe lebt dort ganz allein und sehr einsam. Sie kennt keine Fressfeinde, keine Nahrungskonkurrenten und ist deshalb auch ein wenig degeneriert. Sie ist auch recht bescheiden und häuslich und bleibt Ihnen ihr kurzes Leben lang treu. Den Wirt wechselt sie seltener als ein hessischer Stammtischbruder. Und weil sie so isoliert lebt und auch nicht mit anderen Milben in Kontakt kommt fehlt ihr die genetische Auffrischung. Das hat auch dazu geführt, dass sie den UV-Schutz verloren hat, der bei den meisten Lebewesen dafür sorgt, dass diese bei aufkommendem Tageslicht erwachen.
Die kleine Milbe verschläft deshalb den langen Tag, weshalb Sie sie vermutlich auch noch nie zu Gesicht bekommen haben.
Sodömchen und Gomorrömchen auf unserer Haut
Sobald Sie aber abends einschlummern und sich süßen Träumen hingeben, produzieren Sie Melatonin und das macht unsere kleine Milbe ganz heiß. Ihr Sexualleben erwacht und sie macht sich auf den Weg und sucht nach Sexualpartnern. Und dann spielen sich nächtens auf Ihrem Gesicht wahre Mikro-Orgien ab. Ein Sodömchen und Gomorrömchen sozusagen. Die Art der Fortpflanzung ist unter Milben einzigartig: der 24 Mikrometer lange Penis der Männchen ragt vorne nach oben und so muss sich das Männchen zur Paarung unter das Weibchen positionieren. Dabei halten sich beide verzweifelt an irgendwelchen Härchen in Ihrem Gesicht fest.
Gruselt es Sie ein wenig bei dem Gedanken an das, was sich da jede Nacht zwischen den Ohren abspielt? Dr. Alejandra Perotti, die an der Studie mitgewirkt hat, kann sie beruhigen: „Sie sind winzig und niedlich. Es gibt keinen Grund zur Besorgnis sie zu haben. Sie reinigen unsere Poren und halten sie rein“.
Probiotik und das Maß der kleinen Dinge
So ist das eben mit den kleinen Dingen. Wir sollten unsere Vorurteile abbauen und mit Neugier an sie herangehen. Wir sollten nicht alles zerstören, was klein ist. Wir sollten dafür sorgen, dass das was gut für uns ist gestärkt wird, und das was schlecht für uns ist geschwächt wird.
Im Prinzip ist die Wirkungsweise von Probiotik recht einfach zu verstehen. Unsere kleine Milbe würde sagen: Mehr Sex mit betterair – natürlich mit einem zauberhaft milbischem Lächeln im Gesicht …
Foto: © Fotovapl @stockadobe.com