Gesundheitskrise Atemwegserkrankungen: Sind Probiotika die Lösung gegen Asthma und COPD?

Gesundheitskrise Atemwegserkrankungen: Sind Probiotika die Lösung gegen Asthma und COPD?

Die Zahlen alarmieren: COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) ist die dritthäufigste Todesursache in den Vereinigten Staaten[1]. Unter Asthma leiden weltweit mehr als 339 Millionen Menschen[2], zunehmend Kinder. Pilzsporen in Innenräumen sind eine Ursache für schwerwiegende Lungenprobleme. Chronische Atemwegserkrankungen resultieren aber in erster Linie aus der Luftverschmutzung. Der Europäische Gerichtshof reagiert mit einem Grundsatzurteil, das den BürgerInnen der EU ein Recht auf saubere Luft bestätigt. Ihre Gesundheit hat Vorrang vor anderen Interessen. Auf der medizinischen Seite ist die entzündete Lunge und ihre Behandlung Gegenstand zahlreicher Forschungsreihen. Sind Probiotika eine mögliche Lösung bei Asthma und COPD?

Professor Wilhelm H. Holzapfel ist Lehrstuhlinhaber, School of Life Sciences and AGEE an der Handong Global University, Südkorea, und Beiratsmitglied der Bundesvereinigung der deutschen Lebensmittel- und Ernährungsindustrie. Im Rahmen einer Studie mit internationalen Wissenschaftlern forschte er zu den Möglichkeiten ausgewählter Probiotika-Stämme, positiven Einfluss auf die Atemwege zu nehmen. Probiotika und ihre antimikrobiellen und immunmodulatorischen Eigenschaften stellen vielversprechende Alternativen für die Prävention und Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen dar.

Bacillus ist nicht gleich Bacillus
Haben Sie schon einmal „Bacillus Bakterien“ gegoogelt? Tun Sie es nicht. Sie geraten garantiert auf Vertreter wie den Milzbranderreger (Bacillus anthracis), auf Insektizide wie Bacillus thuringiensis oder auf Bacillus cereus, das Lebensmittel vergiftet. Doch die Bakterien-Gattung Bacillus umfasst rund 200 Arten und da finden sich auch viele nette Vertreter:

Die Forscher rund um Professor Holzapfel isolierten drei probiotische, bekanntermaßen gesundheitsfördernde Bacillus-Stämme, um diese auf eine (entzündungshemmende) Wirkung in den Atemwegen zu untersuchen: zwei Bacillus-subtilis-Stämme und einen Bacillus-amyloliquefaciens-Stamm. Isoliert wurden sie aus hausgemachter Doenjang, einer fermentierten koreanischen Sojabohnenpaste, die sich als gute Quelle für sichere Bacillus-Stämme erwiesen hat, um sie als Starterkulturen für Studien und Probiotika zu verwenden.

Auch in der Probiotika-Mischung Enviro-Biotics von betterair finden sich übrigens zwei dieser Stämme.

Die Fähigkeiten von Probiotika für die Lunge
Die Wissenschaftler des Teams rund um Professor Holzapfel prüften die Stämme auf Sicherheit (für die Atemwege), antimikrobielle Wirksamkeit und eine Aktivität gegen Krankheitserreger, die über die Luft übertragen werden; ferner auf Pathogenität (in vivo, in vitro und in silico) sowie auf immunmodulatorischen Eigenschaften in vivo und in vitro. Die Probiotika zeigten bei jedem dieser Punkte Wirkung bzw. keinerlei Pathogenität.

Wir befragten Professor Holzapfel während seiner Semesterferienzeit in Deutschland zu dieser Studie und den spezifischen Möglichkeiten dieser „Atemwegs-Probiotika“.

Was hat sie dazu bewegt, Bacillus-Bakterien auf ihre Eignung für die Atemwege zu erforschen?

Probiotika werden als komplementärer biotherapeutischer Ansatz für die Prävention oder Behandlung zahlreicher Krankheiten eingesetzt. Wir möchten sie als potenzielle Wirkstoffe nicht nur im Darm, sondern auch im Atmungssystem einsetzen, um immunbedingte Krankheiten zu behandeln. In anderen Untersuchungen konnte in einem Milben-induzierten allergischen Atemwegsentzündungsmodell nachgewiesen werden, dass beispielsweise Bacillus-subtilis-Sporen Entzündungen durch Hausstaub verringerten.

Zahlreiche Studien stützen das Potenzial von Bacillus-Stämmen als vielversprechende Kandidaten für den nicht-konventionellen biotherapeutischen Einsatz im Atemtrakt, auch bei Atemwegssymptomen nach COVID-19. Mehrere Bacillus-Stämme gelten für den Einsatz in der Lunge als sicher. Wir haben unsere Stämme aber sehr intensiv auf Toxinproduktion, Antibiotikaresistenz und Pathogenität (in vivo, in vitro und in silico) geprüft, da es auch Ausnahmen gibt, die sogar mit Atemwegsallergien in Verbindung gebracht werden.

Was sind die bedeutendsten Erkenntnisse Ihrer Studie gewesen? Was war das Besondere?

Wir haben die Probiotika nicht nur über bakterielle nasale Instillation getestet, also eine Verabreichung der Probiotika über die Nase, sondern auch über Inhalation von Aerosolen. In den meisten früheren Studien basierte die orale Verabreichung von Probiotika auf dem Konzept der 'Darm-Lungen-Achse'. Diese Vorgehensweise hat jedoch Nachteile: Es muss eine hohe Biomasse verabreicht werden, die das Hauptorgan nicht direkt erreicht. Diesbezüglich kann die intranasale Verabreichung als Neuheit betrachtet werden. Die geringe Bakteriendichte der Atemwege steht in starkem Kontrast zu der hohen mikrobiellen Population des Darmtraktes. In unserer Studie wurde eine relativ niedrige intranasale Bakteriendosis verabreicht, dennoch zeigten die Ergebnisse eine erfolgreiche immunmodulatorische Wirkung. Darüber hinaus, setzten wir auf die Inhalation. Sie hat höhere klinische Relevanz als die intranasale Verabreichung und ein geringeres potenzielles Risiko für unerwünschte systemische Wirkungen. In unseren Untersuchungen wurde der wirksamste Stamm, B. subtilis 3, auch als Aerosol durch Inhalation verabreicht.

Was passiert da mit den Probiotika in unserem Körper?

Wir atmen sowohl in Innenräumen als auch im Freien Bakterien, Pilze und ihre Sporen ein. Diese Allergene führen in den Atemwegen zu Entzündungen. Eine Untergruppe an T-Helfer-Zellen, die Th2-Zytokine, fördern diese Entzündungen. Entsprechende Medikamente zielen bislang darauf ab, diese zu unterdrücken.

Durch diese Studie haben wir erkannt, dass auch die drei ausgewählten Bacillus-Stämme Th2-Zytokine (Botenstoffe bei Reaktion des Immunsystems) unterdrücken, was zu einer Linderung der Atemwegsentzündung führt, weil die Bacillus-Stämme einen speziellen, entzündungshemmenden Botenstoff aktivieren.

Die genauen Mechanismen der durch Probiotika ausgelösten Immunmodulation sind noch nicht vollständig geklärt. Wir konnten jedoch klar erkennen, dass die eingesetzten Bacillus-Stämme die Ausbreitung von Krankheitserregern hemmen und eine vielversprechende Alternative zur Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen darstellen.

Die Behandlung schlägt auch deshalb so gut in der Lunge an, weil Makrophagen – Fresszellen, die eben Erreger im Körper identifizieren und beseitigen – etwa 70 Prozent der gesamten Immunzellen in der Lunge ausmachen. Der entzündungshemmende Botenstoff kann die Entzündung in den Atemwegen regulieren, weil er von verschiedenen Immunzellen, dendritischen Zellen und Makrophagen gesteuert wird.

Und das bedeutet dann weniger Chemie für Mensch und Umwelt in Form von Medikamenten?

Richtig! Auch hier können wir die Natur für uns nutzen. Dank der Bildung von Endosporen erweisen sich die Bacillus-Arten als stabil und physikalisch widerstandsfähig. So eignen sie sich für die industrielle Produktion, Handhabung und Lagerung und die Entwicklung neuer Produkte. Wir könnten damit wieder auf einiges an Chemie in der Medizin verzichten.

Angesichts aller heutigen Möglichkeiten: Wie werden Probiotika am besten eingesetzt? Die meisten Infektionskrankheiten übertragen sich ja über die Hände durch Berührungen von Oberflächen. Wenn ich Probiotika in Form von Nahrungsergänzungsmittel schlucke, wird davon ja mein Raum nicht besser.

Probiotische Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel kennen wir seit vielen Jahren, um die Folgen einer Antibiotikagabe abzumildern. In der Agrarwirtschaft werden Probiotika, wie oben erwähnt, ebenso regelmäßig versprüht um Keime und Pilze zu hemmen. Der Ansatz, die Vorteile der Mikroorganismen für unsere zeitweise doch sehr hoch belastete Raumluft zu nutzen, liegt nahe. Wir verbringen fast unser ganzes Leben in Räumen. Da sollten wir unsere Lungen doch nicht über Gebühr strapazieren. Probiotika über Lüftungsanlagen und Zerstäuber in Büros, Geschäften und zuhause zu diffundieren, zahlt also in die Wohn- und Arbeitsgesundheit ein. Und in die Gesundheit unserer Lunge – gerade, weil Schimmelpilze und andere Allergene für die Atemwege ein massives Problem darstellen.
Und trotz aller Technologie und Desinfektion verbleiben immer wieder gesundheitsschädigende Keime in kleinsten Zwischenräumen wo sie sich ungehindert vermehren können.

Müssten denn Probiotika als Aerosole und ihre Fähigkeiten nicht schon in jeder Gesundheitseinrichtung, in jedem Seniorenheim und in jeder Arztpraxis zum Einsatz kommen?

A: Mich und viele meiner KollegInnen versetzt die Zunahme antibiotikaresistenter Bakterien und Pilze in unserer Umwelt in große Sorge. Wir haben in unzähligen Untersuchungen erkannt, dass Probiotika hier ansetzen und zu einer Lösung beitragen können, die den Menschen und die Umwelt schonen. Eine Mischung aus probiotischen Bacillus-Stämmen, bestehend aus den Arten Bacillus subtilis, Bacillus pumilus und Bacillus megaterium, konnten die Belastung mit Oberflächenkeimen um 90 Prozent verringern – ohne unerwünschte Effekte wie Multiresistenzen. Selbst Tuberkulose-Bakterien in der Lunge konnten reduziert werden.

Probiotische Mikroorganismen hemmen Krankheitserreger und sind dabei selbst antibiotikaresistent. So schaffen wir es, dass Keime, verringert werden, während Chemikalien und Antibiotika nur noch sehr dosiert zum Einsatz kommen. Das ist gut für den Menschen und unsere Umwelt.

Vielen Dank, Professor Holzapfel!

 

Professor Holzapfel war gemeinsam mit dem Better Air Team in Israel an der Entwicklung unserer Enviro-Biotics beteiligt, unsere Luftgetragenen Probiotika die durch unser Biologic Kit heute für Räume bis 50 qm für ein gutes Wohlfühlklima zu Hause sorgt – Shoplink.

 

 

[1] American Lung Association, 2021

[2] Global Asthma Report 2018